Joachim von Seydlitz

Migräne

Stunde ohne Schmerz
Die Migräne ist zwar eine neurologische Erkrankung, trotzdem kann Psychotherapie eine wichtige Rolle in der Verminderung der Häufigkeit und Intensität der Migräneattacken spielen.

Grundsätzlich kann man sagen, dass die Nervenzellen von Menschen, die zu Migräne neigen, aufgrund einer genetischen Veranlagung alle Reize sehr schnell verarbeiten und es dadurch zu Erschöpfungszuständen des Nervensystems kommt. Dies fördert Entzündungsreaktionen der Arterien der Hirnhäute, so dass dann dort Entzündungsstoffe freigesetzt werden.

Etwas vereinfacht ausgedrückt, funktioniert das Gehirn von Menschen, die Migräne haben, sehr schnell und sehr hochtourig. Alles wird intensiv aufgenommen und zügig verarbeitet. Die Filter, die uns von unerwünschten Reizen in der Außen- und Innenwelt abschirmen, sind bei Migränikern eher schwach ausgeprägt. Da das Gehirn alles verarbeiten muss und dies dann auch noch schnell geschehen soll, erschöpft es. Es stellt sich eine Unterversorgung ein, die Energiezufuhr reicht nicht mehr aus und in der Folge kommt es dann auch zum Hunger nach Hochkalorischem wie etwa Schokolade. Dies ist ein Versuch, den drohenden Zusammenbruch der Energieversorgung noch zu kompensieren und schnell Energie zuzuführen.

Da die inneren Verarbeitungsfilter von Migränikern also schwach ausgeprägt sind, sollten die äußeren Reize reduziert werden, damit mehr Ruhe einkehren kann. Migräniker sollten also dafür sorgen, dass sie den Lauf ihres Lebens wie einen langen ruhigen Fluss gestalten: gleichmäßig und geruhsam mit möglichst immer gleichen Abläufen. Ruhe, Ausgeglichenheit und Gelassenheit sind heilsam bei Migräne, und wir sollten deshalb versuchen, diesem Ziel möglichst nahe zu kommen.

Dies ist in einer Zeit, in der vielfältigste Reize vom frühen Morgen bis in die späte Nacht und auch noch in den Schlaf hinein auf uns herein prasseln, nicht leicht. Unser „modernes“ Leben verlangt ständige Aktivität und Verfügbarkeit. Termine, die eingehalten werden müssen, berufliche Verpflichtungen, womöglich Schichtarbeit bringen uns immer wieder aus dem notwendigen ruhigen Rhythmus und stören den inneren Gleichklang.

Wenn Kinder in der Familie sind, müssen die Eltern natürlich für sie sorgen. Umso jünger die Kinder sind, umso weniger können sie sich selbst überlassen bleiben. Eine Migräneattacke kann, zumal wenn man eventuell auch noch alleinerziehend ist, nicht dazu führen, sich nicht um die Kinder zu sorgen. Dies führt zu erheblichem Stress für alle Beteiligten. Genau dieser Stress kann dann wieder die Häufigkeit der Migräne erhöhen.

Psychotherapie kann dabei helfen, die Notwendigkeiten, die sich den Migräne Geplagten durch die Erkrankung stellen, mit den Anforderungen der Gesellschaft und des Berufes besser in Einklang zu bringen. Eine typische Migränepersönlichkeit, die dafür verantwortlich wäre, dass es zur Migräne kommt, gibt es eindeutig nicht. Das hatte man früher fälschlicherweise geglaubt. Die Migräne ist auch alleine deshalb keine psychische Erkrankung. Es gibt aber viele Migränetrigger, also Faktoren, die Migräne auslösen, die durchaus viel mit der Psyche zu tun haben und die auch deshalb durch Psychotherapie beeinflussbar sind. Und natürlich greifen alle Menschen gerade in belastenden Situationen auf alte Verarbeitungs- und Reaktionsmuster zurück, die sie früher einmal gelernt haben. Diese alten Muster müssen heute nicht unbedingt hilfreich sein oder können sogar eine zusätzliche Belastung darstellen, wo doch eigentlich Hilfe in der Not nötig ist. In der Psychotherapie kann man die alten erlernten Notmaßnahmen und Muster, die sich jeder angeeignet hat, bewusst machen, erkennen und überprüfen. Da, wo es sinnvoll und möglich ist, kann man dann neue Hilfemuster lernen, um sie in der (Migräne-) Not zur Verfügung zu haben.

Die vielen Migränetage führen häufig dazu, dass die Betroffenen im Beruf und im alltäglichen Leben als Partner oder Eltern den Anforderungen - auch den selbstgestellten - nicht mehr gerecht werden. Dies kann den Stress verstärken und so neue Migräneattacken triggern, bei denen die Betroffenen dann versuchen, weiter „normal“ zu funktionieren und ihre Aufgaben zu erfüllen, was wiederum den Stress erhöht. Auch hier kann psychologische Schmerztherapie helfen, diese Zusammenhänge bewusst zu machen und nach besseren Möglichkeiten des Umgangs mit dem zu suchen, was nun einmal zum Leben des Migränikers gehört.


Die Aura

Aura Sterne

Die 'Sternennacht' von Vincent van Gogh wird als Darstellung einer Aura betrachtet.

Migräne alleine ist für einige schon erschreckend genug. Gesellt sich jedoch auch noch eine Aura zu ihr, dann macht das vielen erhebliche Angst. Sehstörungen, Empfindungsstörungen, Ohrgeräusche ja bei einigen Migräneformen auch Sprachstörungen, Schwindelattacken oder vorübergehende Lähmungen können große Angstgefühle und Panik auslösen. Hier kann Psychotherapie hilfreich sein, um mit der aufkommenden Angst, die die Migräne-Aura sogar noch verstärken kann, besser umgehen zu lernen.

Auch bei Migräne ohne Aura sollte man auf den Körper hören und ihn schonen. Ruhe und gedämpftes Licht sind dann eher erleichternd. Eine ausgeprägte Aura verlangt jedoch nach einer sofortigen Unterbrechung dessen, was wir gerade tun. Mit einer deutlichen visuellen Aura sollte man nun wirklich nicht Auto fahren. Tritt die Aura häufiger auf, etwa im Rahmen einer chronischen Migräne, führt dies zu erheblichen sozialen Schwierigkeiten, zum Beispiel bei der Arbeit.

Auch gerade deshalb, weil die Aura fast immer im Gewande gefährlicherer neurologischer Erkrankungen auftritt, wird mit ihrem Beginn bei vielen Betroffenen die innere Uhr laufen, denn sie sollte dringend nach spätestens einer Stunde beendet sein, weil man ansonsten doch einen Arzt aufsuchen sollte. All das macht natürlich ganz erheblichen Stress und deutliche Angst. Auch gerade deshalb sollten wir in diesen Notsituationen auf Entspannungsmöglichkeiten zurückgreifen können.


Der Spannungskopfschmerz

Spannungskopfschmerzen - oder genauer Kopfschmerz vom Spannungstyp - kennt eigentlich fast jeder. Der Schmerz ist eher leicht, kann aber auch mittelschwer sein oder schwer werden, was aber die Ausnahme darstellt. Er wird eher dumpf drückend empfunden und ist - im Gegensatz zur Migräne - meist eher beidseitig. Er stellt die häufigste Kopfschmerzart dar.

Der Spannungskopfschmerz kann chronisch werden. Er ist dann an mindestens 15 Tagen im Monat oder an 180 Tagen im Jahr vorhanden. Man kann sich leicht vorstellen, dass dies außerordentlich unerträglich sein kann. Auch wenn der Schmerz meist nicht so heftig wie bei der Migräne ist und weniger Begleitsymptome vorhanden sind, stellt es eine ganz erhebliche Belastung dar, an mehr als 180 Tagen im Jahr Kopfschmerzen zu haben. Der Spannungskopfschmerz kann hintereinander viele Tage ohne Unterbrechung dauern, tatsächlich Wochen lang.

Kopf-im-Schraubstock
Der Name Spannungskopfschmerz rührt von der veralteten Vorstellung her, der Schmerz entstünde durch zu viele Verspannungen, meist im Nacken- und Halsbereich. Auch wenn diese Idee noch immer eine weite Verbreitung hat, zum Teil auch bei Ärzten, ist sie dennoch nicht richtig. Diese Verspannungen sind meistens eher die Folge der Schmerzen und nicht wirklich ihre Ursache. Sie können allerdings nachfolgend dann auch wieder zu einer Aufrechterhaltung des Kopfschmerzes beitragen.

Letztendlich weiß man heute noch nicht wirklich, wie der Spannungskopfschmerz tatsächlich entsteht. Wahrscheinlich liegt der Hauptgrund für die Entstehung in einer Störung des körpereigenen Schmerzabwehrsystems und in einer Erhöhung der Schmerzempfindlichkeit durch einen chronischen Zufluss von Schmerzreizen. Dieser Vorgang ist verwandt mit dem Schmerzgedächtnis. Bei der Entstehung dieser Störung spielen wahrscheinlich sowohl körperliche als auch psychische Faktoren eine Rolle. Der ständig geneigte Blick auf das Smartphone etwa, die fehlende Bewegung, das viele Sitzen am Schreibtisch und Computer oder vor dem Fernseher spielen eine Rolle. Aber auch psychischer Stress durch Sorgen und Belastungen fordern ihren Preis. Körperliche Erkrankungen stellen an und für sich einen Stressfaktor dar.

Es wird offensichtlich, wie Psychotherapie hier hilfreich sein kann. In der Therapie können wir beginnen, die Sorgen und Ängste zu bearbeiten und zu vermindern. Wir können nach einem besseren Umgang mit belastenden körperlichen und sozialen Situationen suchen. Und wir können eine gesündere Lebensweise unterstützen. Auf diese Weise können erfahrungsgemäß Spannungskopfschmerzen deutlich verringert werden. Damit nimmt dann auch der schädliche Medikamentengebrauch, der selber wieder zu Kopfschmerzen führen kann, ab.

Umfassende und kompetente Informationen und Hilfe zu all diesen Themen finden Sie in der Schmerzklinik Kiel.
Wer unkompliziert und meist auch schnell kompetenten Rat zu Kopfschmerzen braucht, ist beim Headbook Forum, das mit der Schmerzklinik Kiel assoziiert ist, außerordentlich gut aufgehoben.
Wenn Sie vor Ort in Göttingen eine medizinische Anlaufstelle zur Behandlung Ihrer Kopfschmerzen suchen, so ist die Schmerzambulanz der UMG ein kompetenter Ansprechpartner.