Joachim von Seydlitz

Psychosomatik

Körper und Psyche sind eins und letztlich nicht wirklich voneinander trennbar. Psychische Vorgänge finden im Körper statt und hinterlassen auch immer ihre Spuren in ihm. Körperliche Vorgänge beeinflussen auch immer die Psyche. Von daher ist die Vorstellung, es gäbe rein körperliche oder rein psychische Erkrankungen unsinnig!

Im normalen medizinischen oder psychotherapeutischen Alltag werden Krankheiten nur allzu häufig einseitig gesehen: Entweder die rein körperliche Behandlung steht ausschließlich im Vordergrund oder aber die Seele oder Psyche wird als Herrscher des Körpers gesehen. Weder die eine noch die andere Sichtweise werden der Gesamtheit des Menschen als körperlich-geistig-seelischer Einheit gerecht.

Leider wird die Seele immer dann als hauptsächliche oder ausschließliche Ursache von Krankheiten gesehen, wenn eine körperliche Ursache nicht eindeutig gefunden werden kann oder sie zur Erklärung des Befindens nicht ausreicht. Obwohl in den neueren Definitionen diese Sichtweise als überholt betrachtet wird, wird es wohl leider eher noch Jahrzehnte brauchen, bis dies auch tatsächlich bei den Behandlern angekommen ist. Auch die Psychosomatik wird im medizinisch-psychotherapeutischen Alltag so verstanden, als verursache die Psyche die körperlichen Erkrankungen allein. Wenn die Diagnose einer psychosomatischen Erkrankung erst einmal gestellt ist, wird die Ursache der Erkrankung meist ausschließlich in der Psyche gesucht. Dann wird davon ausgegangen, dass der Körper schon wieder in Ordnung kommen werde, wenn der Stress vermindert wird oder die inneren Konflikte reduziert oder gelöst sind. Auch dies ist natürlich nicht richtig so und wird dem Krankheitsprozess nicht gerecht: Körper und Seele sind eins. Monokausale Sichtweisen auf den Menschen sind unzulässige Vereinfachungen.

Eine Krebserkrankung ist nicht der körperliche Ausdruck eines seelischen Konflikts. Das Gleiche gilt für Migräne, Rheuma und auch für Herzerkrankungen. Aber natürlich machen diese Erkrankungen und erst recht notwendige Operationen etwas mit unserer Seele und unserem Selbst(wert)gefühl. Andererseits nimmt auch unser Denken und Fühlen sowie unsere sozialen Lebensumstände Einfluss auf die Entstehung der Krankheit und den Heilungsprozess.

Multimodale Schmerztherapie

Gerade deshalb ist bei fast allen chronischen Erkrankungen eine multimodale Therapie sinnvoll. Alle Bereiche des Körpers und der Seele sind betroffen und so sollten auch alle Unterstützungsmöglichkeiten genutzt werden. Die therapeutischen Möglichkeiten ergänzen sich dabei und bedingen einander auch. Alle Bereiche des Körpers und der Seele sind betroffen und so sollten auch alle Unterstützungsmöglichkeiten genutzt werden.

Die multimodale Schmerztherapie sollte dabei ganz individuell auf die Beschwerden, Bedürfnisse und Möglichkeiten des Einzelnen zugeschnitten sein. Kein Schmerz ist gleich. Alleine schon deshalb sollte natürlich die Therapie auf Sie speziell abgestimmt sein und mit Ihren Bedürfnissen übereinstimmen. Wichtig ist dabei auch ein realistisches Ziel zu definieren: Natürlich wünschen Sie sich Schmerzfreiheit. Dies wird aber gerade bei chronischen Schmerzen selten möglich sein, weil sich der Schmerz von der Grunderkrankung gelöst und verselbständigt hat. Meist besteht aber auch die Grunderkrankung noch fort.

alle für einen
Die Chronifizierung von Schmerzen wird heute als Folge eines bio-psycho-sozialen Ursachengefüges gesehen. Das bedeutet, man geht davon aus, dass medizinisch-körperliche Bedingungen mit psychischen und sozialen Faktoren und deren Folgen zusammenwirken, damit es zur Ausbildung von chronischen Schmerzen kommt. Natürlich ist es unter diesem Blickwinkel sinnvoll, wenn die erfolgversprechende Behandlung dann auch alle diese Bereiche umfasst.

Meist wird eine multimodale Therapie von Ärzten der Grunderkrankung (Neurologen, Onkologen, Hausärzten etc.), Psychotherapeuten und Physiotherapeuten ausgeübt. Wenn es sinnvoll erscheint, wird auch noch ein Sportcoach, ein Ergotherapeut oder ein Musiktherapeut dazu kommen. Auch eine soziale Beratung kann dabei eingebunden werden. Medikamentöse Behandlung, Psychotherapie, Entspannungsverfahren, Bewegung und Sport sowie andere Hilfestellungen gehen dabei Hand in Hand und unterstützen einander in ihrer Wirksamkeit.

Im normalen ambulanten medizinischen Alltag wird es jedoch nur an wenigen spezialisierten Zentren möglich sein, auch alle Therapeuten und Ärzte an einem Ort zu versammeln. In der Regel werden daher die verschiedenen Therapieoptionen an unterschiedlichen Orten und in unterschiedlichen Praxen stattfinden. Dabei ist es natürlich sinnvoll, wenn die jeweiligen Therapeuten dabei zusammenarbeiten und bei Bedarf miteinander kommunizieren. In meiner Psychotherapeutischen Praxis bemühe ich mich um diese jeweilige Zusammenarbeit mit den anderen beteiligten Therapeuten.

Die sehr engagierte Ambulanz der Universitätsmedizin Göttingen bietet eine Schmerz-Tagesklinik mit multimodalem Konzept an. Im Weender Krankenhaus gibt es ein stationäres multimodales Behandlungskonzept.